Mathematische Seitensprünge

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Der Autor und sein Buch  – Frankfurter Buchmesse 2007 


Wie findet ein Buch sein Publikum? Um aus der Flut der Neuerscheinungen in die Hand eines geneigten Lesers gespült zu werden, bedarf es mancherlei glücklicher Zufälle. Der Titel scheint gelegentlich ein geeignetes Lockmittel zu sein. Oftmals kann selbst ein trockenes Inhaltsverzeichnis einiges zur Leseverführung beitragen.

Verführerische Mathematik

Im Seitensprung der verführerischen Mathematik begegnen wir dem Epigramm des Erzgrüblers Archimedes zum Problem der Rinder des Sonnengottes und Nicolo Tartaglias poetischer Formel zur Lösung der kubischen Gleichung. Die verführerischen Exkurse in die lyrische Welt der Mathematik umschließen gleichsam in einer Nuss-Schale zwei Versuche der Mathematik, Dichtung zu beschreiben. Galileis Vermessung der Hölle nach Dantes ›Divina Comedia‹ und die Ansätze zur Entlarvung der Systematik in Petrarcas ›Canzoniere‹.

Aus dem Inhalt: Die Rinder des Sonnengottes, Die Geometrie der Hölle, Die Systematik des Canzoniere, Tartaglias poetische Formel 

Archaische Mathematik

Im folgenden mathematischen Seitensprung werden klassische Mythen nicht (allein) aus dem recht eigenwilligen Blickwinkel des Vaters der Psychoanalyse betrachtet, obgleich deren hypnotische Wirkung auf umtriebige Neurotiker sich durchaus als buchfüllend erweisen könnte. Unserer Interpretation nach, sind Mythen poetische Vorläufer einer Theorie der Entscheidung bei Unsicherheit und unter unvollkommener Information: somit praktische Mathematik im allerbesten Sinne des Wortes. Als erste Zeugin für die Gültigkeit dieser Einschätzung wird Alkmene in den mathematischen Zeugenstand treten. Akmenes Sohn Herakles und seine bislang unvermutete Beziehung zur Zahlentheorie wird uns danach in Staunen versetzen. Gegen Schluss wird die Geschichte vom Wahnsinn des Odysseus einer endgültigen mathematischen Lösung unterworfen.

Aus dem Inhalt: Amphitryon im Doppelpack, Herakles und die Mathematik, Der Wahnsinn des Odysseus –

Schelmische Mathematik

Der nun folgende Seitensprung enthält zwei exemplarische Modellierungen der schelmischen Mathematik. Im ersten Modell schlüpfen Wiedergänger in die Rolle des rationalen Entscheiders, um die erneuerbare Ressource Mensch über den Zeithorizont hinweg optimal zu verwerten. Das zweite Modell hat sich im Laufe der Jahre einen recht einsamen Ruf als originelle mathematische Satire erworben. Es handelt sich um den ehrgeizigen, jedoch augenzwinkernden, Versuch Goethes ›Faust‹ mit mathematischen Methoden zu durchleuchten. Das ursprünglich unter dem Titel ›De salvatione Fausti‹ erschienene Schelmenstück wird – nach Wiedererlangen der Rechte – in diesem Kapitel maßgeblich erweitert und mit klärenden Bemerkungen versehen. In den Hinweisen zu dieser Satire (wie die übrigen Kommentare kapitelweise im Abschnitt Anmerkungen gegen Buchende versammelt) und vereinzelt auch im Haupttext tauchen manchmal fingierte Literaturzitate und scherzhafte Marginalien auf. Um sie für den gutgläubigen Leser erkenntlich zu machen, wird jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ein Smiley gesetzt.

Aus dem Inhalt: Der Schatten der Vampire, Keine Faustregel für Mephisto – 

Theatralische Mathematik

Für manchen scheint die Mathematik - wohl in Erinnerung an in der Schulzeit durchlittene Qualen - durchaus ein Drama zu sein. In Martin Crimps Bühnenstück ›Auf dem Land‹ taucht hinter dem Drama überraschenderweise ein Gerüst aus dem Fundus der Mathematik auf. Für die am 4. April 2002 angesetzte Premiere am Akademietheater enthielt das Programmheft – als Resultat einer ungewöhnlichen Kooperation zwischen den Brettern, die die Welt bedeuten, und der zumeist als weltfremd verschrienen Mathematik – auch meine Interpretation der Handlung. Bereits ein Jahr zuvor war ich auf Ersuchen des Schauspielhauses Bochum mit den strategischen Elementen von ›Auf dem Land‹ beschäftigt. Es folgte im Oktober 2002 das Bayerische Staatsschauspiel und das Erscheinen dieses Buches begleitet nun die Aufführung im Landestheater Vorarlberg. Der Seitensprung der theatralischen Mathematik enthält in seinem ersten Akt eine erweiterte Variante dieser mathematischen Deutung. Der theatralische Schlusspunkt wird von einem Countdown für Duellanten gesetzt, der den dramatischen Bogen von Alexander Puschkins ›Eugen Onegin‹ über das Schicksal des Mathematikers Galois bis hin zu den Niederungen mathematisch geführter Duelle vervollständigt.

Aus dem Inhalt: Die Mathematik des Thespiskarrens, Ein Countdown für Duellanten – 

Spielerische Mathematik

Im Seitensprung der spielerischen Mathematik werden vorerst zwei paradoxe Spiele, deren Ursprung rein literarisch ist, mathematisch interpretiert. Danach werden literarisch verspielte Geschichten aus dem weiten Feld der Mathematik ersonnen, solche apokrypher und wieder andere wahrhaftiger Natur.

Aus dem Inhalt: Der Preis der Verdammnis, Der Fluch der Unumkehrbarkeit, Das Klodeckel-Problem, Der Tod des Archimedes, Ein Epitaph für Archimedes, Fermats letzte Zahl, Poldavische Ammenmärchen, Der israelische Gauß, Das Problem des Prüfers, Der Mathematiker, der aus der Kälte kam  – 

Poetische Mathematik

Der vorliegende Seitensprung beschäftigt sich mit poetischen Aspekten der Mathematik, ohne die Akribie aufzubringen, das zarte Verhältnis zwischen Mathematik und Dichtung bis ins letzte Detail auszuleuchten. Den mathematischen Spuren in der Literatur ist bereits erfolgreich Knut Radbruch nachgegangen, um die Neigung der Dichter, Mathematik in Verse oder Prosa zu gießen, festzuhalten. Das Kapitel der poetischen Mathematik richtet sein Augenmerk auf die andere Seite der Medaille. Im ersten Teil wird der verschlungene mathematische Pfad hin zur Klippe der experimentellen Poesie anhand beispielhafter Muster nachgezeichnet. Der zweite Teil enthält eine Auswahl heiter-grotesker mathematischer Gedichte aus mehr als 30 Jahren gemischten Doppels als Mathematiker und Poet auf Zuruf an der Technischen Universität zu Wien.

Aus dem Inhalt: Mathematik und  Dichtkunst, Mathematische Poeme, Akademische Balladen –

Schaurige Mathematik

Der letzte Seitensprung, zu dem wir unsere geneigten Leser verleiten wollen, entbehrt jeder lyrischen Kategorie. Unter spöttischem Trommelwirbel wird da die Gattung des Schauerromans (in Fortsetzungen) mit der Erzähltechnik der Detektivgeschichte vermengt, um die ungewöhnliche Verpackung für eine veritable Mathematik des Schreckens zu erzeugen. Die Memoiren des Mathematikers Moriarty äffen einerseits die schwarze Romantik eines Stoker, den detektivischen Duktus Conan Doyles und den szientistischen Mystizismus Umberto Ecos nach, ohne jedoch die schwankende Trennlinie zwischen Ernst und Farce dem Erzählstrom oder den wie Treibgut auftauchenden mathematischen Formeln eindeutig zuzuweisen. Der Leser sei im Vorhinein gewarnt. Er hat es hier mit einer schamlosen Parodie zu tun.

Aus dem Inhalt: Ein Palimpsest zu Kronstadt, Die Spur des Schlächters, Vampyr und Woiwode, Der Ripper und sein Theorem, Der Erhabene Plan, Victoria und Ihr Husar, Was demnächst geschah – ein Klappentext 



Einige  der in dieser eher prosaischen Aufzählung erwähnten mathematischen Seitensprünge stehen nunmehr (ausschnittweise) als literarische  Kostproben zur Verfügung. Sie lassen sich per Mausklick über das Menu in der untersten Titelleiste ansteuern. Viel Vergnügen!


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